
Scheidungsantrag vor Ablauf des Trennungjahres: die scheinbar süße Freiheit am Ende des Regenbogens
Eine Ehe kann in Deutschland geschieden werden, wenn sie gescheitert ist und eine Wiederherstellung nicht zu erwarten ist.
Das kann man objektiv am Besten an der Trennung der Ehegatten festmachen.
Nach § 1565 II BGB kann eine Ehe vor Ablauf eines Jahres der Trennung aber nur geschieden werden, wenn wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde.
Mit diesen Gründen sind dann die ganz krassen Gründe gemeint wie in einem Fall , wie der bei mir einzigartige Fall, wo der Ehemann die Frau über einen Zeitraum von 6 Monaten jeden Morgen mit Handschellen an die Heizung gefesselt hat und erst abends nach seiner Rückkehr losmachte, bis die Ehefrau sich eines Tages selbst befreien und über den Balkon in der 3. Etage in die Nachbarwohnung flüchten konnte. Kommt aber -zum Glück- nur eher selten vor. Weitere Härtefallgründe gibt es auch, die müssen aber zu ähnlich unerträglichen Ergebnissen führen und sollen hier nicht weiter beleuchtet werden.
Dies heisst aber im Umkehrschluss auch, dass in fast allen anderen Fällen ohne tatsächliche Härtefall-Gründe das Trennungsjahr einzuhalten ist.
Immer mehr zugenommen hat aber die Unsitte schon nach wenigen Monaten einen Scheidungsantrag zu stellen und zu behaupten, dass man schon ewig getrennt ist.
Spätestens wenn Frauen Unterhalt für sich in nicht unerheblicher Höhe fordern kommt ganz schnell ein Scheidungsantrag des Mannes, denn -verbreiteter Irrglaube: wenn ich erstmal geschieden bin, muss ich nicht mehr zahlen. Versierte Familierechtler gehen dann gern auf die Barrikaden.
Eine Kollegin aus dem Strafrecht fragte mich in diesem Zusammenhang, was denn daran schlimm sei, weil es doch ok sein, wenn der Andere einen nicht mehr will und man selbst auch nicht, daher denke ich, dass es offensichtlich Aufklärungsbedarf gibt:
- Sobald man getrennt ist, erhält meist die Ehefrau zunächst bis zur Scheidung Unterhalt. Das Trennungsjahr hat 12 Monate, die Scheidung dauert auch ca. 12 Monate aktuell.
- Das können pro Monat ein paar Hundert Euro Unterhalt sein oder aber auch zum Beispiel bis zu 5000€ monatlich bei guten Verhältnissen.
Kürzt mein Mann aber eigenmächtig das Trennungsjahr um 10 Monate, kann das einfach 50.000€ weniger Unterhalt für mich bedeuten. Oder 10 Monate weniger Rentenausgleich.
Oder 10 Monate weniger Sparrate im Zugewinn von der ich sonst was abbekommen würde im Rahmen des Zugewinnausgleichs; einfach deshalb, weil der Stichtag von ihm vorverlagert wird, wenn ich mich nicht wehre!
Stehst Du also unmittelbar vor der Verlobung mit deinem neuen Traum-Prinzen und willst sofort wieder heiraten, kann das ein Argument sein.
Sonst aber eher nicht.
Richtig gut läuft es, wenn auch das Gericht feststellt, dass das Trennungsjahr noch nicht abgelaufen ist.
Noch besser, wenn der Gegenanwalt dann den Scheidungsantrag zurücknimmt, weil der Gegner mit dem unzulässigen Scheidungsantrag dann den ganzen Spaß zahlen darf. Auch die Kosten für Deinen Anwalt.
Und darf es dann nochmal gern Monate später versuchen.
Richter mögen aber auch gern ein Aussetzen des Verfahrens. Dann wird das Scheidungsverfahren nicht betrieben, bis das Trennungsjahr rum ist. Das ist zwar friedlicher, aber eindeutig nicht so lustig. Und ich finde so unschönes Verhalten des Antragstellers des unzulässigen Scheidungsantrages muss nicht auch noch belohnt werden, weil dabei meist frech gelogen wird, was den anderen Ehegatten zumindest emotional verletzt.
Aber das ist natürlich eine ganz individuell zu treffende Entscheidung, für die es auch wirklich vernünftige Gründe geben kann.
Was also meist so verführerisch süss klingt - den Anderen scnell loszuwerden - muss nicht für alle gleich die beste Lösung sein.
Lasst Euch also nicht nur von Gefühlen leiten bei so einer Entscheidung, sondern ernsthaft beraten, was unter Einbeziehung aller Aspekte für Euch sinnvoll ist.
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