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It is a man's world

     

 

It is a man’s world…

 

Über Dickpicks & Co ist fast alles gesagt (Danke Yoko und Klaas für diesen wunderbaren Beitrag!). Jeder imponiere  oder  blamiere so gut er kann. Doch wie überlebt man als Frau im beruflichen Kontext oder gar im juristischen Dschungel?

 

Grundsätzliche Verhaltensmuster der Spezies Mensch stehen fest und verändern sich nicht. Je nach (beruflichem) Umfeld variieren jedoch die Intensität und die Feinheit  auch der verbalen Dickpicks und sind stark abhängig von dem Rudel, in dem wir uns bevorzugt oder häufig aufhalten.

 

Wie Ihr alle bemerkt habt, umgeben wir uns am Liebsten mit Menschen, die aus einem ähnlichen Umfeld kommen und dadurch oft  im wortwörtlichen Sinne  die gleiche Sprache sprechen. Dadurch wird das Leben einfacher, wir fühlen uns verstanden und verschwenden weniger Energie für ( nach unserer Auffassung) unnötige Machtspielchen. Wir haben ähnliche Interessen, sind ähnlich konfliktliebend und es gelten innerhalb einer selbstgewählten Gruppe meist ähnliche Standards in Wort und Sprache.

 

Bin ich  zB Lehrer und habe ein angenehmes Umfeld aus Kollegen, werden bei der Suche von Lösungen für zu bewältigende Aufgaben meist sinnvolle Argumente  mehr oder weniger gesittet ausgetauscht, die jeweiligen Vor-und Nachteile demokratisch besprochen um dann zügig die Aufgaben zu verteilen und die Aufgabe möglichst effektiv zu erledigen.

 

Trifft man aber im Lehrerzimmer auf einen Bauarbeiter aus dem Ruhrpott, mit dem man die anstehenden Umbauarbeiten besprechen soll, treffen 2 Welten aufeinander, die im normalen Leben wenig miteinander zu tun haben und trotzdem der gleichen Spezies angehören.

 

Wir alle kennen diese  oder ähnliche  Szenen: Tür fliegt auf, Bär von Mann erscheint, hat innerhalb von Sekunden das  (vermeindliche) Alphatier erwittert und schafft es alle komplett  anderen Anwesenden - inklusive des mickrigen, religiös bewegten Direktors - auszublenden mit den gezielten Worten: "Ey, ich komm wegen der Mauer. Wir machen die da hin. Sonst geht das nicht."

 

Nichts also mit gleichberechtigter Diskussion von annähernd gleichberechtigten Partnern in gewohnten und akzeptierten Sprach-Ritualen mit sinnhaltigen und lösungsorientierten Argumenten, sondern zwei völlig unterschiedliche Lebenswelten.

 

Reinkommen. Rudeltier erwittern. Klare Ansage.

 

Befindet man sich aber innerhalb seines Rudels zum Beispiel im Gerichtssaal oder in der Teambesprechung der Firma, trifft man auch auf unterschiedlichen Einsatz von sprachlichen Kampfmitteln:

 

Versucht eine Seite das Gericht oder das Team mit  wohlüberlegter Rechtssprechung, einer topausgefeilten Power-Point Präsentation oder hübsch gebundenen Handouts des geplanten Projektes zu überzeugen, fängt der Gegner oder einer in der Gruppe manchmal an, alles,  aber auch wirklich alles zu boykottieren: gelangweiltes und demonstratives Herumgucken in der Gegend, Lümmeln auf dem Stuhl, demonstratives Gähnen auf der nonverbalen Seite oder auch blöde, unsachliche Kommentare und sexistische Äußerungen auf der anderen Seite.

 

Die Bandbreite reicht von "Das stimmt doch so gar nicht" über "Das glauben Sie doch selber nicht" über "Sie sind doch sonst nicht so zickig" (Was hat das mit dem geistigen Austausch von Vortrag und Argumenten zu tun?) und ganz sachlich "Sie sind doch eine so hübsche Frau" bis zur ultimativen Keule jedes Juristen: "Das sagt der Bundesgerichtshof  komplett anders" (Wann, in welchem Kontext und wo wird dann sicherheitshalber nicht gesagt. Hätte ja auch in den 27 Schriftsätzen vorher geschrieben  werden können, wenn es so wäre, als Pseudo-Argument wird es nur plötzlich zum Aufspielen in der mündlichen Verhandlung gaaanz wichtig).

 

Eine solcher Sternstunden hatte ich vor einigen Jahren mit einem älteren, auffällig kleinen Düsseldorfer Kollegen (der zum kleinen Amtsgericht im Sauerland schon mit dem größtmöglichen Porsche vorgefahren kam) nachdem ich ein schlimmes Mandat bereits bestehend aus 5 dicken schwarzen Ordnern übernommen hatte und relativ arglos in die erste Verhandlung mit ihm gegangen bin (wir sind ja alle kultiviert und das Gericht wird schon für Recht und Ordnung sorgen).

 

Er begrüßte mich gleich zum Auftakt mit den Worten er wisse ja gar nicht, warum man so eine sinnlose Klage machen müsse, ich sei ja wohl in den Wechseljahren und wüsste sonst nichts mit meiner Zeit anzufangen.

 

Dann folgte eine unsägliche, lautstarke Tirade mit Wortbestandteilen wie "völlig ahnungslos", "kann noch nicht mal den richtigen Antrag formulieren","ob ich denn Examen hätte" "völliger Schwachsinn" und er wisse gar nicht, "warum man sich für so einen Mist überhaupt vor Gericht treffen müsse".

 

Zack! Gedanklicher Stillstand bei mir durch KO-Schlag für die nächsten 10 Minuten.

 

Nachdem das ähnlich junge und völlig überforderte Gericht mal so gar keine Hilfe war und meine Vital-Funktionen so langsam wieder einsetzten wußte ich mir nicht mehr anders zu helfen, als ihm laut Beifall zu klatschen und ihn zu bitten mitzuteilen, wenn er denn fertig wär, damit wir dann in der Sache weitermachen könnten. Dazu gabs ein Luftküsschen quer durch den Gerichtssaal. Womit er dann wiederum nicht gerechnet hatte und ähnlich aus dem Konzept gebracht war, wie ich zuvor.

 

Ich weiß im Nachhinein nicht, wie die Verhandlung zu Ende gegangen ist, nur dass wir uns letztendlich auf die Herausgabe von Wertgegenständen im Vergleichswege geeinigt haben (offensichtlich war juristisch doch wohl was dran an den geltend gemachten Ansprüchen, denn geschenkt hätte der uns gar nichts) und ich Abends meiner Psychologen-Freundin ewig die Ohren am Telefon vollgejammert habe, wie man denn so gemein sein könnte.

 

Aber wichtiges Fazit: nachdem ich weder angefangen habe zu heulen oder rauszurennen, sondern ebenfalls komplett unangemessen auf "seinem Niveau" geantwortet habe, wurde ihm offensichtlich langweilig und er konnte sich dann doch auch ansatzweise sachlich auf die Sache einlassen.

 

Durch einen juristischen Kunstgriff ist es mir irgendwie dann gelungen, ihn mit seiner  gewünschten Härtefall-Scheidung wegen längerer Affäre meines Mandanten innerhalb der Ehe komplett auszubremsen, worauf seine Mandantin sehr wütend auf ihn war, so dass die Folgetermine etwas (ETWAS!) gesitteter zugingen und lediglich durch kleinere Anfeindungen (Frage: Warum machen Sie immer so sinnlose Klagen"? Anwort: "Damit Sie mit meinen sinnlosen Klagen auch mal Geld verdienen können"!) geprägt waren.

 

Irgendwann standen wir dann relativ eng zusammen mit den Parteien in einer Bank, um den Inhalt des Schließfachs zwischen den Parteien aufzuteilen, da fiel mir auf seine üblichen Anfeindungen nichts anderes mehr ein, als ganz nah an ihn heranzutreten (Verletzung des üblichen Sicherheitsabstandes), ihm tief in die Augen zu schauen und zu fragen, ob er denn wirklich wieder Streit suchen würde.

Offensichtlich hat er irgendwann eingesehen, dass ich kein geeignetes Opfer bin, hat angefangen ständig bei mir anzurufen und letztendlich haben wir die ganzen Verfahren dann doch noch sehr ordentlich und für die Parteien konstruktiv zu Ende gebracht. Aber ich schwöre: nach diesen Zusammentreffen war ich jedes Mal nervlich völlig am Ende und fühlte mich wie nach einem Boxkampf mit 10 Runden.

 

Ähnliches passierte auch mal mit einem wirtschaftlich erfolgreichen Gegner ohne Schulabschluss aber mit gefühltem Bildungs-Defizit, der irgendwie auf die Idee kam, mir in der Verhandlung  trotz eigenem Anwalt immer erzählen zu wollen, warum er denn nicht so viel Kindesunterhalt zahlen könne, wie er sollte und mich dabei immer mit den Worten unterbrach "Frau Kollegin...".

 

Wie geht man damit um? Ignorieren bringt nichts - so subtile Hinweise hätte er weder gemerkt noch verstanden - da half nur ein ganz schlichter Hinweis ganz langsam und laut gesprochen: "Unterbrechen Sie mich nicht immer! Und ......ich ....bin....NICHT....Ihre....Kollegin".

 

DAS verstand auch der ("Achsoja,T'schuldigung").

 

Also, so kommt man auch als Frau durch den (Anwalts-) Dschungel:

 

1. Nur keine Angst zeigen vor den wilden Tieren!

 

2. Reagiere immer sofort auf Beleidigungen oder unangemessenes Verhalten. Reagierst Du nicht, wird es sofort von allen als Schwäche wahrgenommen und Du kannst den Schaden kaum noch wiedergutmachen.

 

3. Nicht alle sprechen Deine Sprache, also muss man sich  ihrer Sprechart anpassen, auch wenn einem das teilweise dümmlich oder ungewohnt vorkommt.

 

3. Gegen sexistische Sprüche oder verbale Keulen helfen keine Argumente, nur das Zurückzahlen mit gleicher Münze.

 

4. Zeige niemals Schwäche ! Heulen kannst Du zu Hause...

 

Welche Erfahrungen habt Ihr mit  verbalen Übergriffen gemacht ?

 

Ich freue mich, davon zu hören, denn auch solches Verhalten muss man wie Sport regelmäßig trainieren und man kann immer von den anderen lernen !

 

 

 

 

 

 

 

 

       

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Kommentare: 3
  • #1

    Sandra (Sonntag, 17 Mai 2020 10:10)

    Ich stimme dir in allen Punkten genau so zu. Passe deine Sprache an. Ich bin zwar "nur" Assistenz, aber in unserer Großkanzlei dafür berüchtigt, solche Anfeindungen und Übergriffe mit gleicher Münze zurück zu geben.
    Ein Beispiel: Ein Manager mit einem Faible für zu enge Hosen (bei sich selbst) hat immer wieder Gefallen daran gefunden, den weiblichen Kollegen und auch Assistenzen unangemessene und oberflächliche Bewertungen zu ihrem Verhalten und Outfit um die Ohren zu hauen. Die Schwangere Senior Managerin soll bloß schauen, dass sie danach schnell wieder "in Shape" ist, Assistenz x könnte mit dem Outfit ja auch eher im Puff arbeiten, usw. Ich hab gewartet. Ich hab mich schon gefreut. Und dann kam er, der Tag an dem der gute Junge sich die falsche ausgesucht hat.
    Er kommt deutlich zu spät ins Büro und erzählt uns in der Küche, dass er nochmal heim musste, weil ihm die Hose geplatzt ist. Er dreht sich um, schaut an mir runter (ich trug eine rote Jeans) und zog die Augenbraue schon abfällig nach oben. Dann setzte er an. "weißt du Sandra..." ich fiel ihm ins Wort... "Weißt du, x, wenn ich du wäre, würde ich jetzt einfach mal die Fresse halten. Wenn mir schon die Hose vom Arsch flüchtet, dann ist es vielleicht einfach an der Zeit das Maul zu halten. Und jetzt kannste anziehen und schmollen"
    Er war sprachlos und seitdem "stets bemüht" um Etikette.
    Leider habe ich immer wieder die Erfahrung gemacht, dass es anders wirklich nicht geht. Ok, ich sehe es mittlerweile als Sport. Den ersten Schlag haben die Jungs bei mir aber immer
    frei ;-)

  • #2

    Anna Göbel (Sonntag, 17 Mai 2020 13:22)

    Liebe Sandra,

    Es ist genau so wie Du sagst und ich finde es wunderbar, es als Sport zu sehen !

    Bei einer klaren Sprache gibt es keine Missverständnisse & hilft immer mehr als Stillhalten und hoffen, das es vorbeigeht.

    Eine tolle Reaktion, da man immer mit so einer schrägen Anmache rechnen muss. Was heißt hier nur Assistenz?
    Ich habe oft das Gefühl, dass die Assistenz noch mehr abbekommt als wir, da die Leute dort noch weniger Grenzen haben. Gelegentlich rufe ich solche Mandanten an und frage sie, warum sie so unangemessen mit meiner Sekretärin sprechen. Dann müssen sie sich erklären. Das hat schon gelegentlich dazu geführt, dass wir Mandate abgelehnt haben, denn es gehört nicht zur Stellenbeschreibung sich von den Leiutrn anschnauzen zu lassen.

    Weiter so!

  • #3

    Silvija Arsic-Mijatovic (meineanwältin) (Montag, 18 Mai 2020 13:23)

    Es ist sicher nicht einfach jedes Mal die passende Antwort und Reaktion parat zu haben, obwohl man meint, ein Anwalt müsse in jedem Moment sofort und noch dazu angemessen reagieren. Mit den Erfahrungen weiß man allerdings auch, wie man in solchen Situationen reagieren muss. Dh am besten Zähne zeigen oder ein Luftküsschen schicken an die bösen Kollegen ;-)