
Neulich habe ich eine Umfrage bei Instagram gestartet, bei der die Menschen sagen sollten, was sie intressiert. Eine der Antworten lautete wie folgt :
"Bei und im Dorf gibt es Paare, die getrennt im Haus wohnen, da Scheidung alles ruinieren würde“
Zuerst dachte ich : Im Ernst jetzt?
Da ich die Fragestellerin aber schon ein bißchen länger kenne, wußte ich, dass sie die Frage genauso meint und wirklich schildert, was bei ihr im Dorf passiert.
Aber das geschilderte Vorgehen erschien mir derartig absurd, dass ich nie auf die Idee gekommen wäre, dass Menschen sich wirklich so verhalten.
Ja, natürlich, die Ehe ist auch eine Wirtschaftsgemeinschaft. Und wenn man nach 20 Jahren Ehe z.B. ein Haus abbezahlt hat, einen Mercedes gekauft und einen Wohnwagen in Holland hat, sind die Dinge ja weiterhin da und keinesfalls als Wert verschwunden bloß weil man sich trennt und scheiden lässt.
Also die Scheidung allein zwingt einen nicht, weiter gemeinsam zu leben, weil die Vermögenswerte ja dann immer noch da sind.
Diese müssen bei Scheidung nur real oder als Wert geteilt werden. Sie sind ja aber nicht plötzlich weg, also weiß ich nicht genau, wo das Problem bei den Leuten ist.
Man muss sich halt nur irgendwie einigen und da ist das Problem wohl eher angesiedelt. Schon das Zusammensetzen mit einem plötzlich nicht mehr so gut gelittenen Ehepartner - geschweige denn ein ernsthaftes, sachliches Gespräch mit dem Ehegatten - stellt wohl für manche Menschen eine so große Hürde dar, das viele den Versuch gar nicht erst starten.
Und - machen wir uns nichts vor- man gewöhnt sich im Laufe an der Ehe an gewisse Annehmlichkeiten : klar ist im Haus zu leben und Mercedes zu fahren schöner,
als in einer Wohnung mit Polo davor.
Aber zu welchem Preis? Ich kenne eine junge hübsche Frau, der es ganz wichtig ist, in einer Villa in Düsseldorf zu leben und 3 Mal im Jahr auf Bali Urlaub zu machen, obwohl ihr Mann immer nur Nachts um 2 aus dem Büro kommt, weil er keine Lust auf Familie hat, immer neue Freundinnen nebenbei und aus dem Urlaub meist früher nach Hause fliegt, nachdem er sie in den Tagen zuvor nur anmeckert. Aber der ist ihr Status ganz wichtig.
Ich hatte eine Mandantin, die 3 Kinder bei ihrem gutverdienenden Mann gelassen hatte, einen 450€ Job als Küchenhilfe in einer Schule angenommen hatte und sagte mit ihren 400€ im Monat und ihrem 1-Zimmer-Appartement sei sie so glücklich wie nie zuvor.
Welche handelt jetzt richtig?
Alles eine Frage von Selbstachtung und Wertigkeit.
Das ist die eigentliche Herausforderung: sich selbst klarzumachen, was einem wichtig ist und ob die Villa wichtiger ist, als Zufriedenheit und persönliches Glück. Und auch das Vergangene loszulassen zu können.
Klar soll erstmal möglichst alles so bleiben, wie es ist und keiner will nachgeben und oft gönnt auch keiner dem anderen, dass er zum Beispiel in dem Haus bleibt und gar mit einem neuen Partner dort einzieht, aber ist das wirklich das Richtige ?
Und oft kann man von seinem Gehalt als Alleinstehender auch gar nicht eine Immobilie halten, weil das Gehalt gerade so reichen würde für die Kreditrate und die Nebenkosten, aber dann wäre auch sonst nichts mehr drin.
Klingt auch nicht so verlockend.
Andererseits möchte man sich ja auch nicht trennen, wenn das Leben so schön und man selbst so glücklich ist, sondern nur, weil es auch Gründe gibt, die einem das Zusammenleben mit seinem Partner unerträglich erscheinen lassen. Spätestens, wenn die Gesundheit darunter leidet, weil man die Lebensumstände nicht mehr erträgt, sollte man gut anfangen, darüber nachzudenken.
Trennt man sich vernünftig und teilt das gemeinsame Vermögen ist es zwar für jeden betrachten nicht mehr das Ganze, sondern nur die Hälfte, aber es ist noch
genausoviel wie vorher, nur geteilt auf 2! Und eine Scheidung kostet selten mehr als 3000€.
Kann man aber auch teilen.
Gönnt man dem anderen aber nichts und führt Prozesse für jede Tupper-Dose können da schnell auch 20.000€ daraus werden, dann ruiniert man sich schon
schneller.
Getrennt im eigenen Haus wegen angeblichem Ruin bei Scheidung gibt es eher nicht.
Es ist halt nur anders. Aber das macht ja auch einen Neubeginn aus...
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